Streit um Jahresurlaub

Wechselt ein Beschäftigter innerhalb eines Kalenderjahres von einer Voll- in eine Teilzeitstelle, so darf sein Urlaubsanspruch nicht für das gesamte Jahr gekürzt werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10. Februar 2015 entschieden (Az.: 9 AZR 53/14). WERBUNG

Geklagt hatte ein Beschäftigter, der ab Juli 2010 von einer Voll- in eine Teilzeitstelle seines Arbeitgebers gewechselt hatte. Statt an fünf Tagen arbeitete er ab sofort nur noch an vier Tagen pro Woche. Neuberechnung des Urlaubsanspruchs

Sein Arbeitgeber nahm den Wechsel zum Anlass, den Urlaubsanspruch des Klägers neu zu berechnen. Anstatt wie tariflich vereinbart jährlich 30 Tage sollten dem Kläger auch für das laufende Jahr nur noch 24 Urlaubstage gewährt werden (30 Urlaubstage geteilt durch fünf mal vier).

Dabei berief er sich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach welcher die Urlaubstage grundsätzlich umzurechnen waren, wenn sich die Anzahl der arbeitspflichtigen Tage verringerte.

Unter Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs stellte der Kläger eine andere Rechnung auf. Er ging davon aus, dass ihm für das erste Halbjahr die Hälfte von 30 Urlaubstagen, mithin 15 Tage zu gewähren seien und der Urlaubsanspruch erst ab dem zweiten Halbjahr verringert werden dürfe. Nach seiner Rechnung standen ihm für das Streitjahr folglich insgesamt 27 Urlaubstage zu. Unterschiedliche Rechtsauffassungen

Dem schloss sich auch das in der ersten Instanz angerufene Arbeitsgericht an. Es verurteilte den Arbeitgeber des Klägers dazu, ihm drei weitere Urlaubstage zu gewähren.

Das von dem Arbeitgeber in Berufung angerufene Landesarbeitsgericht hielt dieses Urteil mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für falsch. Es gab der Berufung statt und wies die Forderung des Klägers als unbegründet zurück.

Doch dem wollten sich die Richter des Bundesarbeitsgerichts nicht anschließen. Mit seiner Entscheidung vom 10. Februar 2015 revidierte das Gericht seine bisherige Rechtsprechung und setzte das Urteil der ersten Instanz wieder in Kraft. Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

Die Richter stimmten zwar mit dem Arbeitgeber darin überein, dass sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrages der für eine Fünftagewoche festgelegte Erholungsurlaub vermindert, wenn ein Beschäftigter an weniger Tagen arbeitet.

„Diese Tarifnorm ist jedoch wegen Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften unwirksam, soweit sie die Zahl der während der Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage mindert“, so das Bundesarbeitsgericht.

Die Richter beriefen sich in ihrer Entscheidung auf das von dem Kläger zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Danach dürfen die Tage des bezahlten Jahresurlaubs eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, der vor einem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen den Urlaub nicht nehmen kann, wegen des Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden.

Ebenso wie jetzt auch das Bundesarbeitsgericht hält der Europäische Gerichtshof eine solche Vorgehensweise für einen Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter.

Wolfgang A. Leidigkeit


Quelle: Versicherungsjournal